[/b]Eine Provokation für Papiertheaterliebhaber oder eine sinnvolle Weiterentwicklung?
Eingangs muß ich zwei Dinge gestehen, erstens, ich muß im früheren Leben ein Kasperl gewesen sein und zweitens, ich weiß überhaupt nicht, ob es bei den sogenannten klassischen Papiertheaterbögen auch eine Kasperl-, Kasper-, Hans Wurst-, Pulcinella- oder ähnliche Figuren gegeben hat. Ich bin nicht einmal ansatzweise Papiertheatersammler und verfüge daher auch nicht über die leiseste [b]Kenntnis, ob die Figur des Kasperl Eingang in den Papiertheaterkanon (bis auf ganz wenige zeitgenössische und sehr liebenswerte Ausnahmen) gefunden hat oder nicht.
Da ich mich im weitesten Sinn als Figurenspieler sehe, sind für mich die Grenzen auch viel weiter gesteckt, als für jene Papiertheaterspieler, die sich (selbstverständlich auch durchaus berechtigt und auf hohem Niveau) dem sogenannten "Klassischen Papiertheater" verpflichtet fühlen. Ich habe daher auch keinerlei Scheu vor Innovationen im Spiel auf meinem Bühnchen und ich habe auch vor - ähnlich dem Vorbild des KÖLNER KÄSTECHENTREFFENS - die Darstellungsformen und Spielinhalte ähnlich weit zu fassen.
Papiertheater im Puppentheater
Seit Jahren habe ich die Ehre, als sogenannte Gastbühne im MÖP-Figurentheater, in Mödling bei Wien, mit meinem Bühnchen auftreten zu dürfen. Es wird dort die Kultur des Figurentheaters in seiner vielfältigsten Form gepflegt: von der offenen Spielweise über Objekttheater, Handpuppen, bis zum Papiertheater. Ich habe dort - vor dem Publikum zwischen 5 und 9 Jahren schon meine "Papiertheater-Opern" ebenso gespielt, wie meine Papiertheater-Märchen und Weihnachtsstücke.
Jedesmal aber fragten die Kinder, OB HEUTE AUCH DER KASPERL komme. Bringen die Eltern oder Großeltern die Kinder doch ins KASPERLTHEATER. Es mußten dann immer Erklärungen herhalten, wie :"Der Kasperl hat heute Urlaub" oder "Der Kasperl hat eine schmutzige Hose und kann heute nicht spielen".
Martin Müller vom MÖP spielt seit dem letzten Jahr das Märchen vom NUSSKNACKER - im Papiertheater(!). Ich habe für das MÖP dafür sämtliche Figuren und Bühnenbilder gezeichnet. Bei dem sehr zahlreichen Personal gibt es auch den (sehr schönen) MÖP-Kasperl. So bekam ich die Idee, diese Figur in einem meiner Märchen einzusetzen. Mit Genehmigung des MÖP spielt seit dem 7.3.14 der Kasperl eine kurze Rolle in meinem Stück DER GESTIEFELTE KATER.
Die Figur muß ein Kunststück können
Die Figur des Kasperl ist immer ein Tausendsassa, die sehr frech und respektlos mit allen Problemen des Lebens fertig wird. Ja es gibt sogar ein Wienerlied mit dem vielsagendem Titel DEN KASCHPERL KANN KANER DARSCHLOGN. Es bestand also die Herausforderung für mich, einer statischen Papiertheaterfigur durch eine Bewegungsmöglichkeit Leben zu verleihen. Bei dieser ersten Version des Kasperls kann ich durch einen einfachen Seilzug und einer Feder den Kopf des Kasperls sehr rasch hin- und herwenden. Damit erhält die Figur eine groteske Beweglichkeit, die nicht real ist.
Der kurze Auftritt bringt den gewünschten Erfolg
Die von mir - für die Bedürfnisse des Papiertheater - erfundene Stegreifhandlung DES GESTIEFELTEN KATER läßt den KATER nach erfolgreicher Rebhuhnjagd im Wald den Haushofmeister des Königs treffen, um diesen zu bitten, die Rebhühner mit den besten Grüßen seines Herren, des Graf von Carabas dem König bringen zu wollen. Nach vielen Versuchen, dem - mit ausländischem Akzent sprechenden - Haushofmeister den Namen Graf von Carabas bei zubringen, wird diese "Bestechung" endlich zum König gebracht.
Genau diese Szene habe ich gewählt und habe anstelle des Haushofmeisters die Figur des Kasperl gestellt. Hier kann ich - sehr zum Gaudium des sehr jungen Publikums - alles Kasper-Möglichkeiten ausprobieren, welche die Kinder vom Kasperltheater kennen.
Es ist mein Prinzip bei allen Stücken, in jedem Bild irgendeine Bewegung in die vornehme Papiertheaterstatik zu bringen. Der Erfolg, den ich bei den ersten beiden Vorstellungen nach dem ROLLENDEBUT des KASPERL hatte, hat mir Recht gegeben. Es gibt einen Dialog zwischen den Figuren und dem Publikum. Das kleine Publikum (aber auch das große) wird dadurch aus der Passivität geholt. Ich bin überzeugt, daß es mir auf diese Weise gelingen wird bei den kleinen Zuschauern einen ANKER gesetzt zu haben. Einen Erinnerungsanker für das PAPIERTHEATER.
Ulrich Chmel Ulrich Chmel's Papiertheater - Wien ulrich.chmel@papiertheater.at
Ich dachte ich hatte schon mal hier auf geantwortet.
Das Traditionelle Englische Papiertheater kennt seine Pantomimen mit drolligen Figuren, Wechslungsfiguren und Slapstick, am ende beim Schlussbild kommt Harlequin. Aber Punch ist nie dabei.
Die Dänen kennen Meister Jäckel der ein Richtiger Hanswurst ist: http://www.papirteater.dk/katalog.php
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Habt vielen Dank alle miteinader. Vor allem Dir lieber Harry und Dietger Dröse, der mir geschrieben hat:
Bei U. Kern: Kasperle als Schatzgräber
bei Ohmeigke und Riemschneider: Kasper und der Teufel
bei G. Kühn: Kasperl in Schulden
So fühle ich mich schon viel wohler, nicht der alleinige Kasperl zu sein.
Leider kann ich den von Dir geschickten link nicht öffnen. Vielleicht hat es noch irgend ein Geheimnis, welches ich erst lüften muß
Danke für Eure Mühe
Ulrich Chmel Ulrich Chmel's Papiertheater - Wien ulrich.chmel@papiertheater.at
(11.03.2014 09:42)Ulrich Chmel schrieb: ... So fühle ich mich schon viel wohler, nicht der alleinige Kasperl zu sein.
Du weißt aber schon noch, daß mein Theater ursprünglich als Kaschperltheater angefangen hat, Herr Kulissenschieber? Und mein Kaschperl kommt immer gern am Anfang und am Ende der (Kinder-)Stücke zum Einsatz... und immer dann, wenn irgend etwas hängt.
Dann hopst er nach vorne und macht ein paar Sparifankerl, während ich mit der anderen Hand versuche, die entsprechende Panne zu beheben.